... noch kurz gesehen, sie überraschte ihn bei seiner Flucht aus dem Einfamilienhaus.Er stieß sie brutal zur Seite, durch den Sturz wurde die linke Schulter angebrochen. In der Wohnung fehlte nichts; nur einige Schubladen und Schränke standen offen. Der Täter war offenbar von ihr überrascht worden. Obwohl unter Schock, rief sie laut um Hilfe. Die Nachbarn riefen die Polizei und halfen ihr. Als kurz darauf ihr Nachbar Heribert Müller nach Hause kam, wunderte er sich über die Polizei auf der Straße. Er schloss seine Haustür auf und erschrak. Alles war durchwühlt, ein Chaos in der Wohnung. Auf seine lauten Schreie hin stürmten die Polizisten in sein Haus. Herr Müller lag fassungslos am Boden. Nun bewährte sich die gute Zusammenarbeit der Holzmindener Polizei mit dem WEISSEN RING. Durch Vermittlung der Polizei suchten zwei der ehrenamtlichen Mitarbeiter die Betroffenen auf und halfen mit ersten Gesprächen. Per Beratungsscheck des WEISSEN RING ermöglichten sie für jedes Opfer eine kostenlose Erstberatung bei einem Rechtsanwalt. Mit Jasmin Kruse füllten sie einen Antrag an das Versorgungsamt aus; nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) stehen ihr Hilfen wegen der Gesundheitsschäden und der zerbrochenen Brille zu. Wichtig ist der Antrag auch wegen einer möglichen späteren Rente aus Anlass der Schulterverletzung. Denn ob der Täter mal gefasst wird und dann zahlungsfähig ist, ist derzeit ungeklärt. Den Schock hatte Frau Kruse schon einigermaßen verdaut. Heribert Müller war körperlich unverletzt geblieben, aber am nächsten Tag und weiterhin wenig ansprechbar. Die Angst hatte ihn gepackt. Den Antrag nach dem OEG unterschrieb er. Doch er wird keinen Erfolg haben. Psychische Schäden werden nach jetziger Rechtslage nicht entschädigt, auch wenn dies Folgen für die Berufstätigkeit haben sollte. Daher fordert der WEISSE RING aus Anlass des Tages der Kriminalitätsopfer 2015 Verbesserungen der Leistungen nach dem OEG. Der WEISSE RING als Deutschlands größte Hilfsorganisation für Opfer von Kriminalität fordert vom Gesetzgeber, den Anwendungsbereich des Opferentschädigungsgesetzes (OEG) auszuweiten. Darauf weist der Verein anlässlich des am 22. März stattfindenden Tags der Kriminalitätsopfer hin. Die Bundesvorsitzende des WEISSEN RING, Roswitha MüllerPiepenkötter, sagt: „Auch in Zeiten knapper Haushaltskassen ist eine Verbesserung der staatlichen Leistungen bei der Entschädigung von Kriminalitätsopfern möglich.“ Der WEISSE RING informiert am Aktionstag bundesweit bei Veranstaltungen zum OEG und erinnert in Deutschland jedes Jahr am 22. März an die Situation der durch Straftaten Geschädigten. Anspruch auf OEG-Leistungen hat, wer infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen Angriffs einen gesundheitlichen Schaden erleidet. Grundsätzlich haben Gewaltopfer auch Ansprüche aus der gesetzlichen Kranken-, Unfall und Pflegeversicherung. „Diese Ansprüche sind aber nicht gleichwertig mit den Leistungen aus dem OEG, denn sie sind nur auf die Absicherung des Existenzminimums beschränkt. Dies ist gleichbedeutend mit Sozialhilfe. Dagegen sichert das OEG durch Straftaten gesundheitlich Geschädigte deutlich weitergehend ab“, erläutert Müller-Piepenkötter. Die Bundesvorsitzende unterstreicht: „Wir treten dafür ein, dass der Anwendungsbereich des OEG auf Fälle psychischer Gewalt erweitert wird, denn sie führt in einer erheblichen Anzahl von Fällen zu schweren seelischen Belastungen und Erkrankungen.“ Stalking müsse zum Beispiel als Tatbestand in das OEG aufgenommen werden. Deutschland könne sich das leisten. „Die OEG-Leistungen kommen aus dem Bundesversorgungsgesetz. Dieses wurde nach dem zweiten Weltkrieg zur Entschädigung von Soldaten geschaffen. Dadurch, dass die Anzahl der Kriegsopfer altersbedingt sinkt, vermindern sich auch die Ausgaben für diese Berechtigten“, erklärt Müller-Piepenkötter. Nach den Worten der Bundesvorsitzenden sollte auch das Delikt des Wohnungseinbruchs als Tatbestand in das OEG aufgenommen werden: „Untersuchungen zeigen, dass Opfer von Wohnungseinbrüchen oft behandlungsbedürftige seelische Belastungen mit Krankheitswert erleiden. Ein Wohnungseinbruch ist kein vorsätzlicher tätlicher Angriff gegen eine Person, aber ein Delikt, bei dem der Täter in die verfassungsrechtlich geschützte Privatsphäre des Opfers eindringt und damit das für die Lebensqualität wichtige Sicherheitsgefühl verletzt.“ Müller-Piepenkötter bemängelt, dass das OEG in der Bevölkerung, aber auch bei Behörden und Rechtsanwälten, zu unbekannt sei: „Von den pro Jahr rund 190.000 durch Gewaltkriminalität Geschädigten stellen nur knapp elf Prozent einen Antrag auf Entschädigung durch das OEG. Es würde den Bekanntheitsgrad des OEG steigern und mehr Opfern Entschädigungsleistungen ermöglichen, wenn alle staatlichen Stellen und Ärzte verpflichtet wären, Opfer von Gewalttaten auf ihre Rechte nach dem OEG hinzuweisen und einen Antrag an die Versorgungsverwaltung weiterzuleiten.“ Der WEISSE RING fordere eine Informationspflicht aller staatlichen Stellen. Bei nur etwas mehr als einem Drittel der jährlich gestellten 20.000 OEG-Anträge kommt es zu einer Anerkennung und damit zu einer Übernahme von Heilbehandlungskosten sowie zu Rentenleistungen aufgrund andauernder Gesundheitsschäden. „Dies ist ein Skandal und ein Hohn für Gewaltopfer, deren OEG-Antrag abgelehnt wird“, betont die Bundesvorsitzende. Vonnöten sei auch eine schnelle Leistungsgewährung. Durch die noch viel zu häufig anzutreffende jahrelange Dauer der Verfahren würden Opfer von Gewalttaten zusätzlich belastet.- Tag der Kriminalitätsopfer: Opferrechte schützen – WEISSER RING fordert bessere Leistungen aus dem Opferentschädigungsgesetz Schon wieder drangen Einbrecher in Wohnungen ein, diesmal sogar bei Nachbarn. Jasmin Kruse hatte den Täter ...